Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB: Echter, unechter & auf den Todesfall (VSD)
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Lässt sich ein Vertrag so gestalten, dass nicht der Vertragspartner, sondern ein Dritter daraus einen Anspruch ableiten kann? Und wann genau ist dieser Dritte wirklich berechtigt? Der Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB gehört zu den prüfungsrelevanten Ausnahmen der allgemeinen Schuldrechtsgrundsätze. Doch viele Studierende verwechseln ihn mit ähnlichen Konstruktionen wie dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) oder verlieren bei den drei Verhältnissen – Deckung, Valuta und Vollzug – den Überblick.
In diesem Beitrag erfährst du:
- wann ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt,
- wie du § 328 BGB klausurtauglich anwendest,
- wie du echte und unechte Verträge abgrenzt,
- warum der Todesfall eine Sonderrolle spielt,
- und wie du dich vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgrenzt.
Damit du den Durchblick behältst – verständlich, kompakt und direkt prüfungsrelevant.
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I. Was ist ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB)?
1. Grundidee und Zweck
Kann man einen Vertrag so gestalten, dass jemand, der ihn gar nicht abgeschlossen hat, daraus einen Anspruch erhält? Genau das ermöglicht der Vertrag zugunsten Dritter. Gemäß § 328 BGB können zwei Personen vereinbaren, dass eine Leistung nicht dem Vertragspartner, sondern einem Dritten zustehen soll. Dieser Dritte wird dann berechtigt, die Leistung selbst vom Schuldner zu fordern.
Das Besondere daran: Der Dritte muss nicht selbst Teil des Vertragsschlusses sein – er profitiert trotzdem davon. Dieses Modell durchbricht die Grundregel des Schuldrechts, wonach Verträge nur zwischen den Parteien wirken (Stichwort: "inter partes"). Es handelt sich also um eine Ausnahme von der Relativität der Schuldverhältnisse.
2. Gesetzliche Regelung im Überblick
§ 328 BGB regelt ausdrücklich, dass ein Dritter aus einem Vertrag ein eigenes Forderungsrecht erlangen kann, wenn dies dem Willen der Vertragsparteien entspricht. Die Norm lautet:
"Ein Vertrag kann bestimmen, dass die Leistung an einen Dritten erfolgen soll, der das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern." (§ 328 Abs. 1 BGB)
Voraussetzung ist also eine sogenannte Beglückungsabsicht der Parteien – sie wollen den Dritten bewusst berechtigen. Ist das der Fall, kann der Dritte den Schuldner direkt in Anspruch nehmen, ohne auf die Hilfe des Vertragspartners angewiesen zu sein.
3. Abgrenzung zur Relativität der Schuldverhältnisse
Normalerweise gilt im Zivilrecht: Nur wer einen Vertrag geschlossen hat, kann daraus Rechte und Pflichten ableiten. Das ist der Grundsatz der Relativität. Der Vertrag zugunsten Dritter durchbricht diese Regel – aber nur unter den strengen Voraussetzungen des § 328 BGB.
Dadurch ist er klar abzugrenzen vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD). Während beim Vertrag zugunsten Dritter ein echter Anspruch entsteht, schützt der VSD den Dritten nur mittelbar, etwa durch Einbeziehung in Schutzpflichten. Eine ausführliche Abgrenzung folgt im Abschnitt VII.
II. Schema zum Vertrag zugunsten Dritter
1. Voraussetzungen nach § 328 Abs. 1 BGB
Für das Zustandekommen eines Vertrags zugunsten Dritter müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ausgangspunkt ist § 328 Abs. 1 BGB, der verlangt, dass „der Dritte das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern“. Daraus ergeben sich folgende Prüfungsstufen:
- Zweiseitiger Vertrag zwischen Schuldner (Versprechender) und Gläubiger (Versprechungsempfänger): Es muss ein wirksamer Vertrag zwischen zwei Parteien bestehen. Dabei kann es sich um jeden beliebigen Vertrag handeln – häufig sind es Schenkungen, Versicherungen oder Verträge über Dienstleistungen.
- Beglückungsabsicht: Die Vertragsparteien müssen übereinstimmend den Willen haben, dass der Dritte ein eigenes Forderungsrecht erhalten soll. Es reicht nicht, dass der Dritte lediglich die Leistung erhalten soll – er muss auch aktiv forderungsberechtigt sein. Diese Absicht wird oft durch Auslegung (§ 133, § 157 BGB) ermittelt.
- Bestimmbarkeit des Dritten: Der Dritte muss zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entweder konkret benannt oder zumindest bestimmbar sein. Es reicht z.B. aus, wenn im Vertrag steht: „zugunsten des noch zu bestimmenden Enkels“ – solange eine spätere Konkretisierung möglich ist.
2. Rechtsfolgen und Anspruchsberechtigung
Wenn die Voraussetzungen vorliegen, entsteht dem Dritten ein eigener, selbstständiger Anspruch gegen den Schuldner. Dieser Anspruch steht neben dem Anspruch des Versprechungsempfängers. Die Folge: Der Dritte kann den Schuldner unmittelbar auf Leistung in Anspruch nehmen, ohne Rückgriff auf den Versprechungsempfänger.
Der Schuldner kann sich dem Dritten gegenüber allerdings auf alle Einwendungen berufen, die er auch gegen den Versprechungsempfänger hätte (§ 334 BGB). Das verhindert eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners und sorgt für ein ausgewogenes Verhältnis.
3. Besonderheiten bei der Anspruchsprüfung
In der Klausur solltest du folgende Punkte sauber herausarbeiten:
- Prüfe den Anspruch des Dritten direkt aus § 328 Abs. 1 BGB und nenne klar die Vertragsparteien sowie den Dritten.
- Beachte die Auslegung zur Beglückungsabsicht. Wenn unklar ist, ob der Dritte ein eigenes Recht erhalten soll, musst du die Vertragsumstände würdigen.
- Grenze zum unechten Vertrag zugunsten Dritter ab, bei dem der Dritte zwar die Leistung erhalten soll, aber keinen eigenen Anspruch hat (z. B. bei verkürzter Lieferung). Mehr dazu findest du im nächsten Abschnitt.
- Vergiss § 334 BGB nicht: Dieser ist besonders klausurrelevant, weil er zeigt, dass der Dritte rechtlich nicht besser steht als der Versprechungsempfänger.
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III. Abgrenzung: Echter vs. unechter Vertrag zugunsten Dritter ( VZD )
1. Beispiele für echte Verträge zugunsten Dritter
Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt vor, wenn der Dritte einen eigenen Anspruch gegen den Schuldner erhält (§ 328 BGB). Das ist der klassische Anwendungsfall des § 328 Abs. 1 BGB. Typische Beispiele:
- Sparbuch zugunsten des Enkels: Großeltern legen ein Sparbuch an, das dem Enkel zustehen soll. Der Enkel wird berechtigt, sich das Guthaben selbst auszahlen zu lassen.
- Lebensversicherung zugunsten der Ehefrau: Der Versicherungsnehmer schließt eine Versicherung ab, bei der die Leistung im Todesfall direkt an seine Ehefrau erfolgt. Diese kann die Auszahlung unmittelbar fordern.
- Maklerklausel im Grundstückskaufvertrag: Käufer verpflichtet sich vertraglich, die Maklercourtage direkt an den Makler zu zahlen. Der Makler wird dadurch zum Forderungsinhaber.
In all diesen Fällen ist klar: Der Dritte wird nicht nur begünstigt – er kann auch direkt klagen.
2. Beispiele für unechte Verträge zugunsten Dritter
Ein unechter Vertrag zugunsten Dritter liegt hingegen vor, wenn der Dritte zwar die Leistung erhalten soll, aber keinen eigenen Anspruch hat. Nur der Versprechungsempfänger kann die Leistung einfordern – der Schuldner darf zwar an den Dritten leisten, muss es aber nicht gegenüber diesem.
Typisches Beispiel:
- Verkürzte Lieferung: Ein Zwischenhändler bestellt Ware bei einem Großhändler und lässt diese direkt an seinen Kunden liefern. Der Kunde (Dritter) bekommt die Ware, hat aber keinen Anspruch auf Lieferung – nur der Zwischenhändler kann Ansprüche geltend machen.
Unechte Verträge sind gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Sie spielen in der Praxis aber eine große Rolle, insbesondere bei Lieferketten oder Dienstleistungen mit abweichender Leistungserbringung.
3. Auslegung nach § 328 Abs. 2 BGB
Ob ein Vertrag ein echter oder unechter Vertrag zugunsten Dritter ist, hängt von der Auslegung des Parteiwillens ab – § 328 Abs. 2 BGB ist dabei zentral. Wichtig:
- Der Wille, einen Anspruch zugunsten des Dritten zu begründen, muss erkennbar sein.
- Entscheidend ist, ob der Dritte aus eigenem Recht klagen können soll.
- Fehlt eine ausdrückliche Regelung, ist der Vertragszweck ausschlaggebend.
Tipp für die Klausur: Stelle bei Zweifeln klar die Auslegung dar und beziehe dich auf Wortlaut, Zweck und typisches Verhalten in der Praxis.
📚 Noch unsicher beim Abgrenzen? Dann lies auch unseren Artikel zu § 433 BGB: Kaufvertrag – Ansprüche, Schema, vertragstypische Pflichten – ideal, um Anspruchsverhältnisse und Beteiligtenrollen besser zu verstehen.
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IV. Die drei Verhältnisse beim Vertrag zugunsten Dritter: Deckung, Valuta, Vollzug
1. Bedeutung der drei Verhältnisse
Beim Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) ist es zentral, die drei beteiligten Rechtsverhältnisse zu kennen. Diese strukturieren die Beziehungen zwischen den drei Parteien – Schuldner (Versprechender), Gläubiger (Versprechungsempfänger) und Drittem:
- Deckungsverhältnis (Grundverhältnis): Zwischen Versprechendem und Versprechungsempfänger. Hier wird der Vertrag geschlossen, aus dem sich die Leistungsverpflichtung ergibt. Beispiel: Der Vater schließt mit der Bank einen Sparvertrag zugunsten seiner Tochter.
- Valutaverhältnis (Zuwendungsverhältnis): Zwischen Versprechungsempfänger und Drittem. Dieses Verhältnis erklärt, warum der Dritte begünstigt wird. Häufig liegt hier z.B. eine Schenkung (§ 516 BGB) oder eine sonstige Zuwendung vor.
- Vollzugsverhältnis (Drittverhältnis): Zwischen Versprechendem und Drittem. Hieraus ergibt sich die unmittelbare Forderungsbefugnis des Dritten gegenüber dem Schuldner. Es handelt sich um ein vertragsähnliches Verhältnis mit Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB.
2. Beispiele für die einzelnen Verhältnisse
Stellen wir uns vor, ein Vater möchte seiner Tochter 5.000 € schenken und schließt dafür mit einer Bank einen Vertrag:
- Deckungsverhältnis: Vater ↔ Bank – Der Vater vereinbart mit der Bank die Auszahlung an die Tochter.
- Valutaverhältnis: Vater ↔ Tochter – Die Schenkung erklärt, warum die Tochter überhaupt begünstigt wird.
- Vollzugsverhältnis: Tochter ↔ Bank – Die Tochter hat aufgrund des echten Vertrags einen eigenen Anspruch auf Auszahlung.
Dieses Dreiecksverhältnis ist auch in anderen klassischen Fällen (z. B. Lebensversicherung) identisch aufgebaut.
3. Wechselwirkungen und § 334 BGB
Grundsätzlich bestehen die drei Verhältnisse unabhängig voneinander. Das bedeutet:
- Fällt das Valutaverhältnis (z. B. die Schenkung) weg, bleibt das Deckungsverhältnis bestehen.
- Ebenso bleibt der Vertrag zwischen Versprechendem und Gläubiger bestehen, auch wenn sich zwischen Gläubiger und Drittem etwas ändert.
Allerdings erlaubt § 334 BGB dem Versprechenden, dem Dritten Einwendungen entgegenzuhalten, die er gegen den Gläubiger gehabt hätte. Dadurch wird vermieden, dass der Dritte besser gestellt ist als der Versprechungsempfänger.
Beispiel: Hat der Vater die vereinbarte Einlage an die Bank nicht bezahlt, kann die Bank sich auch gegenüber der Tochter auf die fehlende Gegenleistung berufen.
📚 Lies zur Vertiefung auch unseren Beitrag über § 812 BGB: Herausgabeanspruch im Bereicherungsrecht, falls das Valutaverhältnis rückabgewickelt wird.
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V. Sonderfall: Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB)
1. Abgrenzung zum normalen Vertrag zugunsten Dritter
Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ist ein Sonderfall des echten Vertrags zugunsten Dritter. Der entscheidende Unterschied: Der Anspruch des Dritten entsteht erst mit dem Tod des Versprechungsempfängers.
Während beim „normalen“ Vertrag zugunsten Dritter der Dritte bereits zu Lebzeiten der Parteien anspruchsberechtigt wird, ist das beim Todesfall-Modell anders. Der Dritte ist zunächst nur vorgemerkt – er wird erst im Todesfall Inhaber des Anspruchs.
Rechtsgrundlage ist § 331 BGB. Die Norm erweitert § 328 BGB speziell für Konstellationen, in denen eine Zuwendung aufschiebend bedingt auf den Todesfall erfolgt. Dies ermöglicht insbesondere eine vertragliche Nachlassregelung außerhalb des Erbrechts, etwa zur Umgehung von Pflichtteilsansprüchen oder zur klaren Begünstigung bestimmter Personen.
2. Relevanz im Erbrecht
§ 331 BGB ist besonders wichtig, wenn sich vertragliche und erbrechtliche Ansprüche überschneiden. Der Dritte wird nicht Erbe, sondern vertraglich Begünstigter. Das hat zwei wesentliche Folgen:
- Der Anspruch fällt nicht in den Nachlass – er steht dem Dritten direkt zu.
- Pflichtteilsberechtigte können nicht auf diesen Anspruch zugreifen, da er nicht zur Erbmasse gehört.
Das macht den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zu einem beliebten Instrument der Nachlassplanung, insbesondere bei Lebensversicherungen oder Bankguthaben.
3. Lebensversicherung als klassisches Beispiel
Der Klassiker ist die Lebensversicherung: Der Versicherungsnehmer schließt mit der Versicherung einen Vertrag, in dem er bestimmt, dass im Todesfall die Versicherungssumme an eine bestimmte Person (z. B. Ehepartner oder Kind) ausgezahlt wird.
- Der Versicherungsnehmer ist der Versprechungsempfänger.
- Die Versicherung ist die Versprechende.
- Der Bezugsberechtigte ist der Dritte.
Erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers erwirbt der Dritte einen eigenen Anspruch gegenüber der Versicherung. Bis dahin ist er lediglich in Aussicht gestellt. Genau diese Struktur fällt unter § 331 BGB.
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VI. Kein Vertrag zulasten Dritter – warum das BGB das verbietet
1. Prinzip der Privatautonomie
Im Zivilrecht gilt der fundamentale Grundsatz der Privatautonomie: Jede Person darf selbst entscheiden, ob und mit wem sie vertragliche Verpflichtungen eingeht. Dieser Gedanke ist in vielen Normen des BGB verankert – vor allem in § 311 Abs. 1 BGB.
Ein Vertrag, der zulasten eines Dritten abgeschlossen wird, würde diese Privatautonomie verletzen. Denn er würde den Dritten ohne dessen Zustimmung verpflichten. Das ist mit der Vertragsfreiheit nicht vereinbar.
2. Unzulässigkeit vertraglicher Belastung Dritter
Ein sogenannter „Vertrag zulasten Dritter“ ist daher unzulässig und rechtlich unwirksam. Er ist das Gegenteil des Vertrags zugunsten Dritter:
- Beim Vertrag zugunsten Dritter erhält der Dritte einen Vorteil, in Form eines Anspruchs.
- Beim Vertrag zulasten Dritter soll der Dritte eine Verpflichtung treffen – ohne dass er dem zugestimmt hätte.
Ein solcher Vertrag wird vom BGB nicht anerkannt. Die Beteiligten können keine Rechte oder Pflichten für einen unbeteiligten Dritten begründen – jedenfalls nicht ohne dessen ausdrückliche Einwilligung.
3. Praktische Abgrenzung zum Vertrag zugunsten Dritter
In der Klausur kann die Unterscheidung wichtig sein – insbesondere, wenn ein Dritter in einen Vertrag eingebunden wird, ohne dass klar ist, ob er profitieren oder belastet werden soll.
Beispiel: A und B schließen einen Vertrag, in dem A verspricht, dass C an B 1.000 € zahlen wird. C ist aber weder beteiligt noch einverstanden. Ergebnis: unwirksam, weil C ohne Zustimmung belastet werden würde.
Die Faustregel lautet:
- Leistung an einen Dritten = möglich (Vertrag zugunsten Dritter)
- Verpflichtung durch einen Dritten = unzulässig (Vertrag zulasten Dritter)
📚 Lies für mehr zur Dogmatik und weiteren Fallkonstellationen auch unseren Artikel zu Gutachtenstil: Die besten Formulierungen, um solche Grenzfälle sauber und prüfungssicher zu subsumieren.
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VII. Abgrenzung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD)
1. Was ist ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter?
Beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) handelt es sich um eine richterrechtlich entwickelte Konstruktion. Der Dritte erhält keinen eigenen Erfüllungsanspruch, wird aber in den Schutzbereich eines Vertrags einbezogen. Dadurch kann er bei Pflichtverletzungen Schadensersatzansprüche geltend machen, obwohl er selbst nicht Vertragspartei ist.
Beispiel: Ein Vater schließt einen Werkvertrag mit einem Handwerker zur Renovierung der Wohnung, in der seine Tochter lebt. Kommt es zu einem Unfall, weil der Handwerker eine Pflicht verletzt, kann die Tochter unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen – obwohl sie selbst nicht Vertragspartei ist.
2. Unterschiede zum Vertrag zugunsten Dritter
Die entscheidenden Unterschiede zum Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB sind:
- Rechtsfolge: Beim Vertrag zugunsten Dritter erhält der Dritte einen eigenen Primäranspruch (z. B. auf Zahlung oder Leistung). Beim VSD erhält der Dritte nur einen Sekundäranspruch auf Schadensersatz im Falle einer Pflichtverletzung.
- Rechtsgrundlage: § 328 BGB ist gesetzlich geregelt. Der VSD beruht allein auf richterlicher Rechtsfortbildung.
- Voraussetzungen: Beim VSD muss der Dritte bestimmbar und dem Vertrag erkennbar nahe stehen (z. B. Ehepartner, Kind, Bewohner derselben Wohnung). Zudem muss der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung haben und der Schuldner muss damit rechnen können.
3. Bedeutung in Klausuren und Abgrenzungskriterien
In der Klausur ist die Abgrenzung zwischen echtem Vertrag zugunsten Dritter und VSD essenziell:
- Willen der Parteien: Wollten die Parteien dem Dritten einen eigenen Anspruch verschaffen oder nur mittelbar schützen?
- Klageziel des Dritten: Verlangt er eine Leistung (z. B. Geld), spricht das für § 328 BGB. Geht es um Schadensersatz, eher für den VSD.
- Vertragstyp und Beziehung zum Dritten: Besonders bei Werkverträgen und Mietverhältnissen solltest du wachsam sein. Nicht jeder Fall rechtfertigt einen VSD.
Merke: Der VSD ist eine Ausnahmekonstellation. Sie dient dem Schutz nahe stehender Personen – aber nur dann, wenn eine direkte Anspruchsgrundlage fehlt.
📚 Lies zur Vertiefung auch unseren Beitrag über § 823 BGB – deliktischer Schadensersatz, um zu verstehen, wie sich vertragliche und deliktische Ansprüche ergänzen.
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VIII. Tipp zum Lernen
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FAQ – Vertrag zugunsten Dritter einfach erklärt
Was ist ein Vertrag zugunsten Dritter?
Ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen zwei Personen, bei dem vereinbart wird, dass die Leistung nicht an den Versprechensempfänger, sondern an einen Dritten erfolgt. Der begünstigte Dritte erhält unmittelbar das Recht, die Leistung vom Schuldner zu fordern.
Welche Rolle spielt der Versprechensempfänger?
Der Versprechensempfänger ist derjenige, der den Vertrag mit dem Schuldner (dem Versprechenden) abschließt. Er kann entscheiden, ob der Dritte tatsächlich berechtigt sein soll, einen Anspruch auf die Leistung zu erheben. Bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter hat der Versprechensempfänger jedoch keine exklusive Verfügungsmacht mehr über die Leistung.
Was bedeutet es, wenn ein Dritter unmittelbar das Recht erwirbt?
Das bedeutet, dass der Dritte unabhängig vom Versprechensempfänger handeln kann. Er muss nicht über diesen vorgehen, sondern kann selbstständig gegenüber dem Versprechenden klagen und die vereinbarte Leistung verlangen.
Was ist der Unterschied zwischen echtem und unechtem Vertrag zugunsten Dritter?
Beim echten Vertrag erhält der begünstigte Dritte einen eigenen Anspruch auf die Leistung. Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter hingegen hat nur der Versprechensempfänger einen Anspruch; der Schuldner kann mit befreiender Wirkung an den Dritten leisten, ist dazu aber nicht verpflichtet.
Was bedeutet "gegenüber dem Versprechenden" und "gegenüber dem Dritten"?
"Gegenüber dem Versprechenden" meint alle Rechte und Pflichten, die aus dem Vertrag gegenüber dem Schuldner entstehen – also etwa Leistungspflichten, Einreden etc. "Gegenüber dem Dritten" bezeichnet dagegen, wie sich der Vertrag auf den begünstigten Dritten auswirkt – etwa, ob dieser selbst einen Anspruch auf die Leistung erheben kann.
Welche Voraussetzungen gelten für einen Vertrag zugunsten Dritter?
Notwendig sind: ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger, eine eindeutige Begünstigungsabsicht, und ein bestimmbarer oder bestimmter Dritter. Außerdem muss die Vereinbarung so ausgelegt sein, dass der Dritte unmittelbar das Recht auf die Leistung erhalten soll.
Welche Bedeutung hat ein auf den Namen eines Dritten angelegtes Sparkonto?
Ein in dieser Form geführtes Konto ist ein Paradebeispiel für einen Vertrag zugunsten Dritter: Die Bank (Versprechender) verpflichtet sich gegenüber dem Einleger (Versprechungsempfänger), dem benannten Dritten (z. B. Enkelkind) das Guthaben auszuzahlen. Der Dritte erwirbt damit unmittelbar das Recht auf Auszahlung.
Gibt es einen Vertrag zulasten Dritter?
Nein – ein solcher wäre unwirksam. Das BGB erlaubt es nicht, dass durch eine Vereinbarung zwei Parteien einen Dritten ohne dessen Zustimmung verpflichten. Dies würde gegen die Privatautonomie verstoßen.
Wann entsteht der Anspruch beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall?
Nach § 331 BGB entsteht der Anspruch erst mit dem Tod des Versprechensempfängers. Vorher hat der begünstigte Dritte nur eine Erwartungshaltung, aber keinen einklagbaren Anspruch.
Wie grenzt man den Vertrag zugunsten Dritter vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (VSD) ab?
Beim VSD bekommt der Dritte keinen eigenen Anspruch auf die Leistung, sondern wird nur in den Schutzbereich eines Vertrags einbezogen. Beim Vertrag zugunsten Dritter erlangt der Dritte unmittelbar das Recht auf die Leistung.
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