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§§ 280 ff. BGB: Schadensersatz Pflichtverletzung Schema & Probleme

§§ 280 ff. BGB: Schadensersatz Pflichtverletzung Schema & Probleme
Frieder Hammer

Relevanz und Überblick

Schadensersatz ist eine der zentralen Anspruchsarten im Zivilrecht – und § 280 BGB spielt dabei die Hauptrolle. Kaum eine Examensklausur oder Hausarbeit im Schuldrecht kommt ohne Pflichtverletzung und Schadensersatzprüfung aus. Seit der Schuldrechtsmodernisierung 2002 ist der Begriff der „Pflichtverletzung“ das neue Kernstück des Leistungsstörungsrechts und hat das frühere Konzept der „positiven Vertragsverletzung“ ersetzt.

Für dich bedeutet das: Wer § 280 BGB und die Systematik der §§ 280 ff. BGB wirklich verstanden hat, kann in der Klausur gezielt Punkte sammeln – insbesondere, weil hier viele typische Fehler lauern. In diesem Artikel bekommst du ein übersichtliches Prüfungsschema, lernst häufige Probleme und Ausnahmen kennen und erfährst, wie du einen Obersatz stilsicher im Gutachtenstil formulierst.

Pflichtverletzung als zentrale Voraussetzung – Was ist das eigentlich?

Der Begriff der Pflichtverletzung ist das Herzstück des modernen Leistungsstörungsrechts. Seit der Schuldrechtsreform 2002 ist er der zentrale Anknüpfungspunkt für alle Schadensersatzansprüche aus dem Schuldverhältnis. Doch was genau versteht man eigentlich unter einer Pflichtverletzung?

Kurz gesagt: Eine Pflichtverletzung liegt immer dann vor, wenn der Schuldner eine ihm aus dem Schuldverhältnis obliegende Pflicht nicht erfüllt. Entscheidend ist dabei: Es kommt nicht auf ein Verschulden an. Der Pflichtverletzungsbegriff ist objektiv zu verstehen. Schon die rein tatsächliche Nicht- oder Schlechtleistung reicht aus.

Ein Beispiel: Wenn ein Händler ein Buch zu einem bestimmten Termin liefern soll und es kommt vier Tage zu spät an, liegt objektiv eine Pflichtverletzung vor. Ob den Händler ein Verschulden trifft, ist für diese Feststellung zunächst irrelevant.

Arten von Pflichtverletzungen

Folgende typische Pflichtverletzungen werden unterschieden:

  • Nichtleistung: Der Schuldner leistet nicht rechtzeitig (z.B. Lieferverzögerung).
  • Schlechtleistung: Die Leistung erfolgt, aber nicht wie geschuldet (z.B. defekte Ware).
  • Verletzung von Schutzpflichten: Der Schuldner verletzt Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB zum Schutz der Rechtsgüter und Interessen des Gläubigers.
  • (Nachträgliche) Unmöglichkeit: Die Leistung kann nicht (mehr) erbracht werden, § 275 BGB.

Wichtig: Bei der anfänglichen Unmöglichkeit besteht gar keine Pflichtverletzung, weil die Leistungspflicht nie entstanden ist. Hier greift § 311a Abs. 2 BGB.

Bedeutung für die Klausur

Die Pflichtverletzung ist erste Voraussetzung für jeden Anspruch aus § 280 BGB. Nur wenn sie vorliegt, darfst du zu den weiteren Voraussetzungen übergehen (Vertretenmüssen, Schaden etc.). In der Klausur solltest du daher klar und sauber herausarbeiten, welche Pflicht genau verletzt wurde, und ob diese Pflicht zum Zeitpunkt der Verletzung bereits bestand (also fällig, durchsetzbar etc.).

Merke dir: Objektive Pflichtverletzung + kein Rechtfertigungsgrund = Pflichtverletzung i.S.d. § 280 BGB.

Die Struktur des § 280 BGB – Voraussetzungen der Schadensersatzansprüche

Die Schadensersatzansprüche nach §§ 280 ff. BGB bilden das Rückgrat des modernen Schuldrechts. Um einen solchen Anspruch zu prüfen, musst du die Systematik genau kennen. Sie ist in nahezu jeder zivilrechtlichen Klausur relevant – sei es im Vertragsrecht, bei Leistungsstörungen oder im Rahmen der culpa in contrahendo (c.i.c.). Hier bekommst du eine klare und vollständige Prüfungssystematik für § 280 BGB an die Hand.

1. Schuldverhältnis

Der Anspruch setzt ein Schuldverhältnis voraus, also eine rechtliche Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Schuldner. Typische Konstellationen sind:

  • Vertrag: z.B. Kauf-, Werk- oder Dienstvertrag
  • Vorvertragliches Schuldverhältnis i.S.d. § 311 Abs. 2 BGB: z.B. bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.)
  • Einseitige Leistungsverpflichtung: z.B. aus letztwilliger Verfügung (Vermächtnis)
  • Gesetzliches Schuldverhältnis: z.B. aus dinglichen oder deliktischen Ansprüchen

Wichtig: Das Schuldverhältnis ist die Grundlage, aus der sich die verletzte Pflicht ergibt.

2. Pflichtverletzung

Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Schuldner eine ihm obliegende Pflicht objektiv nicht erfüllt. Ob ihn ein Verschulden trifft, ist hier noch nicht relevant. Die Pflichtverletzung kann sich beziehen auf:

  • die Leistungspflicht (z.B. Nichtleistung oder Schlechtleistung),
  • Nebenpflichten (insb. Schutzpflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB),
  • oder aus dem Verzugs- und Unmöglichkeitsregime (§§ 286, 275 BGB).

Kein Pflichtverstoß liegt vor, wenn ein Rechtfertigungsgrund eingreift (z.B. Unmöglichkeit durch Naturkatastrophe, höhere Gewalt).

3. Zusätzliche Voraussetzungen je nach Anspruchsart

Nicht jeder Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB ist gleich. Die Absätze 2 und 3 verweisen auf weitere Normen, die gesondert geprüft werden müssen.

  • Einfacher Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB): keine weiteren Voraussetzungen
  • Verzögerungsschaden (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB):
    • Fälligkeit der Leistung
    • Mahnung oder Entbehrlichkeit
    • Durchsetzbarkeit des Anspruchs
  • Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 3, 281-283 BGB):
    • § 281 BGB: Nicht- oder Schlechtleistung + Fristsetzung
    • § 282 BGB: Verletzung von Schutzpflichten + Unzumutbarkeit der Leistung
    • § 283 BGB: Nachträgliche Unmöglichkeit + Unmöglichkeit gem. § 275 BGB

Merke: Die Art der Pflichtverletzung bestimmt, welche spezielle Anspruchsgrundlage du neben § 280 Abs. 1 heranziehen musst.

4. Vertretenmüssen, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

Das Vertretenmüssen ist der juristische Ausdruck für die Verantwortlichkeit des Schuldners.

  • Es wird vermutet (Beweislastumkehr!)
  • Der Schuldner haftet für Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB)
  • Auch das Verschulden von Erfüllungsgehilfen oder Organen ist ihm zurechenbar (§§ 278, 31 BGB)

Wichtig: Der Schuldner kann sich exkulpieren, also beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (z.B. bei unvorhersehbaren Ereignissen).

5. Schaden, §§ 249 ff. BGB

Schließlich muss beim Gläubiger ein Schaden eingetreten sein. Das ist jeder nachteilige Vermögenseingriff, der kausal auf der Pflichtverletzung beruht.

Beachte:

  • § 249 BGB: Grundsatz der Naturalrestitution
  • Auch Nutzungsausfall, entgangener Gewinn etc. sind ersatzfähig
  • Bei fehlendem Schaden evtl. Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB prüfen

Zusammenfassung: Du prüfst bei allen Ansprüchen nach §§ 280 ff. BGB:

  1. Besteht ein Schuldverhältnis?
  2. Gab es eine Pflichtverletzung?
  3. Liegen zusätzliche Voraussetzungen vor (z.B. Mahnung, Fristsetzung)?
  4. Hat der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten?
  5. Ist ein kausaler Schaden eingetreten?

Dieses Schema solltest du für jede Schadensersatzklausur beherrschen – egal, ob einfacher Schadensersatz, Verzögerungsschaden oder Schadensersatz statt der Leistung.

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Vertretenmüssen nach § 276 BGB – Wann haftet der Schuldner?

Das Vertretenmüssen ist die vierte Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB – und zugleich eine der häufigsten Fehlerquellen in Klausuren. Es meint nicht einfach nur "Schuld" im umgangssprachlichen Sinn, sondern umfasst sämtliche gesetzlich oder vertraglich geregelten Fälle, in denen ein Schuldner für eine Pflichtverletzung verantwortlich gemacht werden kann.

Was bedeutet Vertretenmüssen?

Im juristischen Sinne ist das Vertretenmüssen die Verantwortlichkeit des Schuldners für eine Pflichtverletzung. Es beantwortet die Frage: Muss der Schuldner für die eingetretene Pflichtverletzung einstehen?

Laut § 276 Abs. 1 BGB umfasst das Vertretenmüssen insbesondere Vorsatz und Fahrlässigkeit:

  • Vorsatz: Wissen und Wollen der Pflichtverletzung
  • Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB): Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt

Die Beurteilung erfolgt nach einem objektiven Maßstab, also dem Verhalten eines besonnenen Durchschnittsmenschen in der jeweiligen Situation. Besondere persönliche Fähigkeiten oder Unzulänglichkeiten bleiben grundsätzlich außer Betracht (außer bei § 277 BGB: eigenübliche Sorgfalt).

Gesetzliche Beweislastverteilung

Ein absolut klausurrelevanter Punkt: Das Vertretenmüssen wird gesetzlich vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Das bedeutet:

  • Der Gläubiger muss kein Verschulden beweisen.
  • Der Schuldner muss sich exkulpieren, also beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
  • Das gilt auch bei Pflichtverletzungen durch Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB).

Diese gesetzliche Vermutung ist ein starkes Argument in der Klausur, wenn der Sachverhalt keine ausdrückliche Entlastungslage schildert.

Zurechnung fremden Verschuldens: §§ 278, 31 BGB

Ein Schuldner muss nicht nur für eigenes Fehlverhalten einstehen, sondern auch für das Verschulden bestimmter Dritter:

  • § 278 BGB: Erfüllungsgehilfen (z.B. Mitarbeiter, Subunternehmer)
    • Voraussetzungen: Tätigwerden mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Schuldners
  • § 31 BGB: Gesellschaftsrechtliche Organhaftung (z.B. GmbH haftet für Geschäftsführer)

Beide Vorschriften erweitern die Haftung erheblich. In Klausuren sollte immer geprüft werden, ob der Schaden auf Handlungen Dritter zurückzuführen ist, die dem Schuldner zuzurechnen sind.

Kein Vertretenmüssen bei:

  • Höherer Gewalt (z.B. Naturkatastrophen, Streiks, Kriege)
  • Schuldunfähigkeit (§§ 827, 828 BGB)
  • Haftungsausschluss (§ 276 Abs. 3 BGB), z.B. in AGB wirksam vereinbart

Exkurs: Eigenübliche Sorgfalt (§ 277 BGB)

In bestimmten Fällen (z.B. bei unentgeltlichen Leistungen) haftet der Schuldner nur für die Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Das führt zu einer Haftungserleichterung – allerdings nicht bei grober Fahrlässigkeit.

Klausurhinweise:

  • Beginne immer mit dem Hinweis auf die gesetzliche Vermutung des Vertretenmüssens.
  • Prüfe dann mögliche Entlastungsmomente.
  • Bei Dritten immer an §§ 278, 31 BGB denken.

Merksatz:

Vertretenmüssen bedeutet: Wer Pflicht verletzt, haftet – es sei denn, er kann sich entlasten.

Das macht § 280 Abs. 1 BGB besonders klausurfreundlich – du musst nur sauber mit den Voraussetzungen und Systematik arbeiten.

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Schadensersatz neben oder statt der Leistung – Die große Abgrenzung

Wenn eine Pflicht verletzt wurde und ein Schaden entstanden ist, stellt sich die nächste zentrale Frage: Will der Gläubiger die Leistung noch – oder nicht mehr? Diese Entscheidung bestimmt, ob Schadensersatz neben der Leistung oder statt der Leistung geltend gemacht wird. Diese Unterscheidung ist essenziell für das richtige Subsumtionsschema und zählt zu den häufigsten Fehlerquellen in Prüfungen.

Ausgangspunkt: § 280 BGB als allgemeine Anspruchsgrundlage

Alle Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung haben ihren Ausgangspunkt in § 280 Abs. 1 BGB. Doch dieser Paragraph ist nur das "Tor" – welche Art von Schadensersatz im konkreten Fall einschlägig ist, hängt davon ab, ob der Gläubiger die Leistung noch möchte oder nicht:

  • Will er die Leistung weiterhin, kommt Schadensersatz neben der Leistung in Betracht.
  • Hat er kein Interesse mehr an der Leistung, prüfst du Schadensersatz statt der Leistung.

1. Schadensersatz neben der Leistung

Hier will der Gläubiger zusätzlich zur Leistung einen Ausgleich für einen bereits eingetretenen Schaden. Es bleibt beim Leistungsanspruch. Beispiele:

  • Beschädigung von Eigentum bei einer Nebenpflichtverletzung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB)
  • Nutzungsausfall, solange die Sache nicht benutzbar ist
  • Verzugsschäden (z.B. Zinsen, Rechtsverfolgungskosten) gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB

Typisch: Der Schaden wäre auch bei ordnungsgemäßer Leistung entstanden oder ist nicht durch Erfüllung behebbar.

2. Schadensersatz statt der Leistung

Dieser Anspruch zielt darauf, die eigentliche Leistung zu ersetzen. Der Gläubiger gibt die Leistung auf und will stattdessen Wertersatz. Das setzt voraus:

  • Eine relevante Pflichtverletzung (Nichtleistung, Schlechtleistung, Schutzpflichtverletzung, Unmöglichkeit)
  • Ein Wegfall des Leistungsinteresses
  • Zusätzliche Voraussetzungen (z.B. Fristsetzung, Unzumutbarkeit)

Typisch: Der Schaden kann durch ordnungsgemäße (Nach-)Erfüllung noch behoben werden, ist aber für den Gläubiger nicht mehr zumutbar oder nicht mehr gewollt.

Besondere Voraussetzungen je nach Konstellation:

  • Nicht-/Schlechtleistung → § 281 BGB (Fristsetzung erforderlich)
  • Schutzpflichtverletzung → § 282 BGB (Unzumutbarkeit erforderlich)
  • Unmöglichkeit → § 283 BGB
  • Anfängliche Unmöglichkeit → § 311a Abs. 2 BGB

Praktische Abgrenzung: Interesse an der Leistung

Der wichtigste Abgrenzungsmaßstab ist das Interesse an der Leistung:

  • Besteht es noch? → Schadensersatz neben der Leistung
  • Ist es durch die Pflichtverletzung entfallen? → Schadensersatz statt der Leistung

Hilfreiche Ergänzung: Die h.M. fragt, ob der Schaden durch Nacherfüllung behebbar wäre. Wenn ja: statt der Leistung. Wenn nein: neben der Leistung.

Beispiel:

Ein Händler liefert eine mangelhafte Maschine. Der Käufer kann sie nicht nutzen und mietet eine Ersatzmaschine.

  • Nutzungsausfallkosten wären Schadensersatz neben der Leistung.
  • Mietkosten für die Ersatzmaschine nach erfolgloser Fristsetzung » Schadensersatz statt der Leistung.

Merksatz:

Willst du noch die Leistung? Dann neben. Willst du sie nicht mehr? Dann statt.

Diese Abgrenzung muss frühzeitig und klar im Gutachten vorgenommen werden – sie bestimmt den weiteren Prüfungsaufbau!

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Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB

Ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch steht und fällt mit dem Nachweis eines Schadens. Aber was ist eigentlich ein Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB? Und wie ist er zu berechnen? Genau darum geht es in diesem Abschnitt. Der "Schaden" ist nicht nur ein Begriff aus dem Alltagsjargon, sondern ein klar umrissener juristischer Terminus mit anspruchsvoller Dogmatik.

1. Grundsatz der Naturalrestitution – § 249 Abs. 1 BGB

Der zentrale Grundsatz des deutschen Schadensrechts lautet: Naturalrestitution. Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.

Beispiel: Wird ein Auto bei einem Unfall beschädigt, ist es zu reparieren. Ziel ist nicht ein finanzieller Vorteil des Geschädigten, sondern ein "so, als ob nichts passiert wäre".

2. Geldersatz bei Unmöglichkeit – § 249 Abs. 2 BGB

Kann die Wiederherstellung nicht erfolgen oder ist sie unzumutbar (z.B. bei einem zerstörten Kunstwerk), ist stattdessen Geldersatz zu leisten. Hier wird der erforderliche Geldbetrag zur Wiederherstellung geschuldet.

Achtung: Dieser Betrag ist nicht identisch mit dem Marktwert der Sache, sondern orientiert sich an den tatsächlichen Wiederherstellungskosten (ggf. inklusive Nutzungsausfall oder Mietkosten für Ersatz).

3. Umfang des Schadens – §§ 249 ff. BGB

Zum ersatzfähigen Schaden gehören u.a.:

  • Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten
  • Mietkosten für Ersatzsachen
  • Nutzungsausfall
  • Verdienstausfall
  • Heilbehandlungskosten
  • Anwalts- und Gerichtskosten (bei erforderlicher Rechtsverfolgung)
  • Entgangener Gewinn (§ 252 BGB)

4. Unterschied: Schaden vs. vergebliche Aufwendungen

Nicht jede finanzielle Belastung ist ein Schaden. Wenn Aufwendungen gemacht wurden, die bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung ohnehin angefallen wären, besteht kein Schaden im engeren Sinne. Diese Aufwendungen können aber ggf. nach § 284 BGB ersetzt werden, wenn sie aufgrund der Pflichtverletzung nutzlos geworden sind.

Beispiel: Du hast eine Zugfahrt gebucht, um an einem Seminar teilzunehmen. Der Veranstalter sagt kurzfristig ab. Die Fahrtkosten sind dann keine entgangene Vermögensposition (da du sie sowieso gezahlt hättest), sondern vergebliche Aufwendungen.

5. Kausalität und Zurechenbarkeit

Zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden muss ein kausaler Zusammenhang bestehen. Außerdem muss der Schaden objektiv zurechenbar sein, d.h. im Schutzzweck der verletzten Norm liegen. Nicht jeder irgendwie mögliche Nachteil ist ersatzfähig.

6. Vorteile für den Schädiger

Zuletzt: Nicht nur Schäden, auch ersparte Aufwendungen und angerechnete Vorteile müssen berücksichtigt werden.

Beispiel: Wird ein altes Auto zerstört, das demnächst sowieso ersetzt werden sollte, ist ggf. ein Teil des Vorteils (neueres Ersatzauto) auf den Schaden anzurechnen.

Klausurtipp:

Viele Studierende prüfen den "Schaden" zu knapp. Nutze die §§ 249 ff. BGB, um konkret zu beschreiben, welche Vermögensposition wie betroffen ist. Und vergiss die Zurechenbarkeit nicht!

Merksatz: Ein Schaden liegt vor, wenn beim Gläubiger ein unfreiwilliger Nachteil eintritt, der durch die Pflichtverletzung verursacht und nach den §§ 249 ff. BGB ersatzfähig ist.

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Ersatz vergeblicher Aufwendungen – § 284 BGB

Neben dem klassischen Schadensersatz kennt das BGB eine weitere Anspruchsart: den Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB. Dieser Anspruch ist besonders klausurträchtig, weil er oft übersehen oder mit dem regulären Schadensersatzanspruch verwechselt wird. Dabei kann er für den Gläubiger die sinnvollere Alternative sein – insbesondere, wenn kein "klassischer" Schaden entstanden ist.

1. Dogmatische Einordnung

§ 284 BGB ist kein eigenständiger Anspruch, sondern eine Variante des Schadensersatzes statt der Leistung. Der Gläubiger kann wählen, ob er Schadensersatz nach §§ 280 I, III, 281 ff. BGB oder Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangt. Beide Ansprüche schließen sich gegenseitig aus.

2. Voraussetzungen des § 284 BGB

Die Voraussetzungen sind weitgehend deckungsgleich mit denen für Schadensersatz statt der Leistung:

  • Schuldverhältnis
  • Pflichtverletzung
  • Vertretenmüssen
  • Zusatzelemente je nach Art der Pflichtverletzung (z.B. Fristsetzung, Unzumutbarkeit, Unmöglichkeit)

Zusätzlich müssen folgende Punkte erfüllt sein:

  • Aufwendungen, die der Gläubiger im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat
  • Diese Aufwendungen müssen durch die Pflichtverletzung ihrem Zweck nach verfehlt worden sein
  • Billigkeit der Aufwendung: kein grobes Missverhältnis zur Leistung

3. Was sind "vergebliche Aufwendungen"?

Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die im Hinblick auf die erwartete Vertragserfüllung gemacht wurden (z.B. Reisekosten, Vorbereitungsmaßnahmen, Materialbeschaffung).

Beispiel: Du buchst ein Ferienhaus und kaufst dafür Reisezubehör (z. B. Campingausstattung). Der Vermieter sagt kurzfristig ab. Dann kannst du Ersatz der nutzlos gewordenen Aufwendungen verlangen.

Wichtig: Es darf kein echter Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB vorliegen. Wenn du etwa das Geld für die Ferienhausmiete zurückbekommst, ist kein Schaden entstanden – die anderen Ausgaben können aber vergeblich gewesen sein.

4. Klausurrelevanz und Abgrenzung

Der Anspruch nach § 284 BGB ist alternativ zum Schadensersatz geltend zu machen, d.h. er ist nicht kumulierbar. Er eignet sich insbesondere:

  • bei nicht bezifferbaren Schäden
  • bei vermeidbaren Aufwendungen, die dennoch plausibel erscheinen
  • wenn der Gläubiger zwar kein Vermögensdefizit hat, aber tatsächliche Nutzlosigkeit belegen kann

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Ersatz des Verzögerungsschadens – §§ 280 I, II, 286 BGB

Ein besonders praxisrelevanter Fall des Schadensersatzrechts ist der Verzögerungsschaden, also der Schaden, der dadurch entsteht, dass der Schuldner die geschuldete Leistung nicht rechtzeitig erbringt. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Kombination von § 280 Abs. 1 und 2 BGB mit § 286 BGB.

1. Anspruchsvoraussetzungen im Überblick

Ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens besteht, wenn:

  1. Ein Schuldverhältnis besteht
  2. Eine Pflichtverletzung in Form der nicht rechtzeitigen Leistung vorliegt
  3. Der Schuldner sich im Verzug befindet (§ 286 BGB)
  4. Die Pflichtverletzung zu vertreten ist (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB)
  5. Ein kausal verursachter Schaden entstanden ist

2. Wann tritt Verzug ein? – § 286 BGB

Ein Schuldner gerät in Verzug, wenn er auf eine Mahnung hin nicht leistet. Mahnung bedeutet die ernsthafte und bestimmte Aufforderung, die geschuldete Leistung zu erbringen. In bestimmten Fällen ist eine Mahnung entbehrlich (§ 286 Abs. 2 BGB), z.B.:

  • wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (Fixtermin)
  • wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert
  • wenn ein besonderer Grund vorliegt (z. B. sofortige Leistung bei Gefahr im Verzug)

Zusätzlich muss die Leistung fällig und durchsetzbar sein.

3. Inhalt des Anspruchs

Der Verzögerungsschaden umfasst alle Nachteile, die dem Gläubiger ab Eintritt des Verzuges entstehen. Dazu gehören insbesondere:

  • Verzugszinsen, z.B. nach § 288 BGB
  • Rechtsverfolgungskosten wie Anwalts- und Inkassogebühren
  • Kosten für Ersatzbeschaffung, wenn z. B. ein Mietwagen angemietet werden musste

Wichtig: Kosten für die Mahnung selbst zählen in der Regel nicht zum Verzögerungsschaden – die Mahnung setzt den Verzug ja erst in Gang!

4. Verhältnis zu § 280 Abs. 1 BGB

Der Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB kann auch ohne Verzug begründet sein (z. B. bei Schutzpflichtverletzung). Wenn es aber um die nicht rechtzeitige Leistung geht, ist § 286 BGB als Spezialnorm vorrangig – und damit ist stets auch § 280 Abs. 2 BGB mitzuprüfen.

5. Klausurhinweise

  • Prüfe immer, ob Verzug eingetreten ist: Fälligkeit, Mahnung, ggf. Entbehrlichkeit
  • Denke an den Verweis auf § 288 BGB bei Geldforderungen
  • Formuliere im Obersatz: "X könnte gegen Y einen Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB haben."

Merksatz:

Verzugszinsen, Rechtsverfolgungskosten, Ersatzkosten – alles ab Verzug.

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Herausgabe des Ersatzes gem. § 285 BGB – Stellvertretendes commodum

Wenn eine Leistung unmöglich wird, stellt sich die Frage: Was passiert, wenn der Schuldner anstelle der geschuldeten Leistung einen Ersatz oder eine Ersatzforderung erhält? Die Antwort liefert § 285 BGB. Diese Norm eröffnet dem Gläubiger einen Anspruch auf Herausgabe dieses sogenannten "stellvertretenden commodums" – also desjenigen Vorteils, den der Schuldner gerade durch die Unmöglichkeit der Leistung erlangt hat.

1. Die Ausgangssituation: Unmöglichkeit der Leistung

§ 285 BGB setzt voraus, dass die Leistung unmöglich geworden ist. Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB liegt z.B. vor:

  • Wenn ein individuell bestimmter Gegenstand zerstört wurde (z.B. ein Kunstwerk, Auto, Grundstück)
  • Wenn ein Dritter, von dem die Leistung abhängt, dauerhaft nicht liefern kann
  • Wenn eine Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist

2. Der Ersatzvorteil: Was ist ein "stellvertretendes commodum"?

Der Schuldner hat durch den Umstand, der zur Unmöglichkeit geführt hat, etwas anderes erlangt – typischerweise:

  • Geld aus einer Versicherung
  • Schadensersatz vom Dritten (z.B. wegen Diebstahl, Brand)
  • Verkaufserlös aus einem (zweiten) Verkauf des Gegenstands

Dann kann der Gläubiger gem. § 285 BGB die Herausgabe dessen verlangen, was der Schuldner "als Ersatz" erhalten hat – oder die Abtretung eines Anspruchs auf solchen Ersatz.

3. Voraussetzungen des § 285 BGB

  • 1. Anspruch auf Leistung eines bestimmten Gegenstands
  • 2. Unmöglichkeit der Leistung gem. § 275 BGB
  • 3. Ersatz oder Ersatzanspruch auf Seiten des Schuldners
  • 4. Kausalität: Der Ersatz muss wegen des Leistungshindernisses erlangt worden sein (nicht zufällig)
  • 5. Kongruenz: Der Ersatz muss inhaltlich dem Leistungsgegenstand entsprechen

4. Rechtsfolge

Der Gläubiger hat einen Anspruch auf Herausgabe des erlangten Ersatzes oder auf Abtretung des Ersatzanspruchs. Wichtig: Der Schuldner ist gemäß § 326 Abs. 3 BGB trotzdem weiterhin zur Gegenleistung verpflichtet – unter Anrechnung des Wertes des Ersatzes.

5. Beispiel:

Du kaufst ein Oldtimer-Auto. Bevor es geliefert wird, wird es durch einen Brand zerstört. Der Verkäufer erhält dafür von der Versicherung 20.000 Euro.

Ergebnis: Du kannst gemäß § 285 BGB Herausgabe der 20.000 Euro verlangen – anstelle des Wagens, der dir nicht mehr geliefert werden kann.

6. Abgrenzung zu § 284 BGB und §§ 280 ff.

§ 285 BGB ist kein Schadensersatz, sondern eine Kondition des Ersatzgegenstands. Er steht neben einem etwaigen Schadensersatzanspruch und muss ggf. alternativ oder zusätzlich geltend gemacht werden.

Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten (c.i.c.) – §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB

Neben vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen kennt das BGB auch sogenannte vorvertragliche Schuldverhältnisse. Sie entstehen bereits vor dem Abschluss eines Vertrages – etwa bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Wenn in diesem Stadium Pflichten verletzt werden, spricht man von "culpa in contrahendo" (kurz: c.i.c.). Die Rechtsfolgen richten sich nach den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.

1. Das vorvertragliche Schuldverhältnis – § 311 Abs. 2 BGB

Ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht durch:

  • Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)
  • Anbahnung eines Vertrages bei geschäftlichem Kontakt, z.B. Betreten eines Geschäfts (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB)
  • ähnliche geschäftliche Kontakte, bei denen besondere Sorgfaltspflichten begründet werden (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB)

Diese Konstellationen reichen aus, um ein Schuldverhältnis zu begründen – auch wenn der Vertrag nicht zustande kommt.

2. Inhalt: Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB

Der Schuldner muss sich so verhalten, dass die Rechtsgüter, Interessen und Freiheiten des anderen Teils nicht verletzt werden. Es geht hier also nicht um die (noch nicht entstandene) Leistungspflicht, sondern um sogenannte Nebenpflichten – z.B.:

  • Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information (Aufklärungspflicht)
  • Pflicht zur Rücksichtnahme
  • Pflicht zum Schutz von Sachen oder Personen, z.B. bei Vorführungen

3. Typische Fälle der c.i.c.

  • Verletzung von Aufklärungspflichten: z.B. arglistiges Verschweigen von Mängeln beim Hausverkauf
  • Treuwidriger Abbruch von Vertragsverhandlungen, wenn qualifiziertes Vertrauen auf Vertragsschluss geweckt wurde
  • Verwendung unwirksamer AGB, wenn deren Unwirksamkeit für den Verwender erkennbar war

4. Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus c.i.c.

  1. Vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB)
  2. Pflichtverletzung im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB
  3. Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB – wird vermutet)
  4. Schaden, der kausal auf der Pflichtverletzung beruht

5. Rechtsfolgen: Ersatz des negativen Interesses

Typischerweise kann der Geschädigte den Vertrauensschaden ersetzt verlangen – also so gestellt werden, wie er stünde, wenn er nie auf den Vertragsschluss vertraut hätte.

Beispiel: Du mietest einen Transporter, weil dir ein Händler ein Möbelstück verbindlich zugesagt hat. Später erfährst du, dass das Möbelstück längst verkauft war. Du bekommst die Transportkosten ersetzt, nicht aber das Möbelstück selbst.

Dritthaftung nach § 311 Abs. 3 BGB – Vorvertragliche Pflichten gegenüber Dritten

Die Regelung des § 311 Abs. 3 BGB ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Haftung gegenüber Personen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Diese sogenannte Dritthaftung erweitert das vorvertragliche Schuldverhältnis auf Dritte – typischerweise bei Vertrauenswerbung oder wirtschaftlicher Verflechtung.

1. Rechtsgrundlage: § 311 Abs. 3 BGB

Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB kann auch mit einer Person entstehen, die nicht selbst Vertragspartner werden soll. Voraussetzung ist, dass:

  • die Person in besonderem Maße das Vertrauen des anderen Teils in Anspruch nimmt, und
  • dadurch eine besondere persönliche Haftung auslöst.

2. Typische Fallgruppen der Dritthaftung

a) Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens ("Sachwalterhaftung")

Wenn eine Person bei Vertragsverhandlungen besonders hervorsticht und das persönliche Vertrauen des Verhandlungspartners maßgeblich beeinflusst, entsteht eine vorvertragliche Pflicht gegenüber diesem.

Beispiele:

  • Kapitalanlagevermittler
  • Bauplaner, Architekten im Auftrag eines Bauträgers
  • Projektentwickler, die nicht selbst Vertragspartner werden sollen

b) Wirtschaftliches Eigeninteresse

Wer sich als wirtschaftlicher Träger des Geschäfts geriert, obwohl er formal nicht Vertragspartei ist, kann ebenfalls haften.

Beispiel: Eine Muttergesellschaft tritt in Verhandlungen ein, obwohl der Vertrag mit der Tochterfirma geschlossen werden soll. Die Muttergesellschaft tritt jedoch als wirtschaftlich verantwortliche Instanz auf und beeinflusst die Entscheidung maßgeblich.

3. Voraussetzungen des Dritthaftungsanspruchs

  1. Kein eigenes Vertragsverhältnis, aber:
  2. Begründung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses über § 311 Abs. 3 BGB
  3. Pflichtverletzung (Aufklärung, Rücksichtnahme etc.)
  4. Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB)
  5. Schaden, kausal verursacht und objektiv zurechenbar

4. Abgrenzung zu anderen Haftungstatbeständen

  • Deliktische Haftung (§§ 823 ff. BGB): setzt Rechtsgutsverletzung voraus
  • Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB): Gläubigerstellung des Dritten wird ausdrücklich vereinbart
  • Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter: Dritter erhält Schutz, aber nicht selbständigen Anspruch

5. Klausurhinweise

  • Dritthaftung ist ein Sonderfall, der eng auszulegen ist.
  • Setze immer voraus, dass der Dritte maßgeblich am Vertrauensverhältnis mitgewirkt oder wirtschaftlich dominiert hat.
  • Keine Dritthaftung bei bloßen Hilfspersonen ohne Eigenverantwortung.

6. Abgrenzung zu anderen Anspruchsgrundlagen

  • § 123 BGB (arglistige Täuschung) geht der c.i.c. bei Vorsatz vor (Sperrwirkung)
  • Kaufrechtliche Gewährleistung (§§ 434 ff. BGB) verdrängt c.i.c. bei Fahrlässigkeit des Verkäufers, nicht aber bei Arglist

Fazit: So beherrschst du § 280 BGB in jeder Prüfungssituation

Die §§ 280 ff. BGB bilden das Kernstück des modernen Leistungsstörungsrechts – und sind aus keiner Zivilrechtsklausur wegzudenken. Wer die Systematik sauber durchdrungen, die unterschiedlichen Anspruchsarten richtig abgegrenzt und die Sondernormen sicher im Griff hat, kann in jeder Prüfungssituation souverän argumentieren.

Hier sind die wichtigsten Punkte, die du dir merken solltest:

1. Immer sauber prüfen – mit vollständigem Schema:

  • Schuldverhältnis
  • Pflichtverletzung
  • Ggf. besondere Voraussetzungen (Fristsetzung, Verzug etc.)
  • Vertretenmüssen (wird vermutet!)
  • Schaden (nach §§ 249 ff. BGB)

2. Abgrenzung: Neben oder statt der Leistung?

  • Besteht das Interesse an der Leistung fort? → Neben der Leistung
  • Ist die Leistung durch Pflichtverletzung entbehrlich geworden? → Statt der Leistung

3. Vertretenmüssen nicht vergessen

  • Wird gesetzlich vermutet (§ 280 I 2 BGB)
  • Auch Erfüllungsgehilfen / Dritte können haftungsauslösend sein (§§ 278, 31 BGB)

4. Zusätzliche Anspruchsarten kennen

  • Verzögerungsschaden (§§ 280 I, II, 286 BGB)
  • Schadensersatz statt Leistung (§§ 280 III, 281–283 BGB)
  • Vergebliche Aufwendungen (§ 284 BGB)
  • Herausgabe des Ersatzes (§ 285 BGB)

5. Bonus: Auch ohne Vertrag haftet man – culpa in contrahendo & Dritthaftung

Gerade in der Examensvorbereitung lohnt es sich, typische Fallstricke zu vermeiden:

  • unklare oder fehlende Abgrenzung neben/statt der Leistung
  • unvollständige Obersätze ohne Nennung der richtigen Normenkette
  • fehlende Erwähnung der Beweislastverteilung beim Vertretenmüssen

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